Bedenkliches Zeichen gegen die sprachliche Kohäsion und die Identität der Schweiz
Vier Landessprachen – das ist ein Teil unserer Identität. Die Mehrsprachigkeit ist ein zentraler Pfeiler der Schweizer Kultur und ein Fundament unseres Zusammenhalts. Und darauf darf die Schweiz auch stolz sein.
Der Kantonsrat hat heute ein fatales Zeichen für die Mehrsprachigkeit in der Schweiz gesetzt. 108:64 KantonsrätInnen haben heute eine Motion angenommen, welche das Frühfranzösische in der Primarschule abschaffen will.
Mein Votum im Kantonsrat:
Es ist oder muss ich sagen war in nationalen Greminen selbstverständlich, dass jede Person in ihrer Landessprache sprach – und die anderen antworteten in ihrer. Diese gelebte sprachliche Vielfalt ermöglichte Verständigung über Gräben hinweg – politisch wie geografisch. Wenn die diese Kommunikation in Zukunft in Englisch erfolgen muss, geht ein Teil unserer Identität verloren und wenn beide eine Fremdsprache sprechen, wird auch die Verständigung darunter leiden.
Wenn wir heute das Frühfranzösisch aus der Unterstufe streichen, senden wir ein fatales Signal in Richtung Westschweiz und Tessin.
Wenn ein kleiner Kanton wie Appenzell das Frühfranzösisch abschafft, ist das das eine. Wenn aber der grosse und wirtschaftlich starke Kanton Zürich diesen Schritt geht, dann droht eine Schwächung der sprachlichen Kohäsion der ganzen Schweiz.
Ja, Französisch ist eine schwierige Sprache. Aber: Ist das wirklich ein Argument gegen das Lernen?
Auch in der Romandie beherrschen weniger als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler nach der obligatorischen Schulzeit die Französische Orthographie gut genug. Und in der Deutschschweiz erreichen gerade einmal 50 % die Grundkompetenzen im Französisch.
Doch was ist die richtige Reaktion auf diese Herausforderungen?
Schaffen wir die Mathematik ab, weil 20 bis 40 % der GymnasiastInnen beim Übertritt an die Uni ungenügende Mathekenntnisse haben? Natürlich nicht! Wir müssen uns vielmehr fragen, woran es liegt.
Ein Punkt ist sicher: Die Französisch-Kompetenzen vieler Lehrpersonen sind zu knapp. B2 ist das geforderte Minimum, aber für einen lebendigen Unterricht reicht das oft nicht.
Gleichzeitig fehlen uns bis zu 35 % der nötigen Französischlehrpersonen.
Vielleicht müssten wir an den Methoden ansetzen: Anstatt Französisch in isolierten Lektionen zu unterrichten, könnten wir fächerübergreifend – etwa in Lektionen in Natur Mensch und Gesellschaft oder im Bildnerischen Gestalten in Französisch durchführen. Immersion statt Voci-Büffeln.
Denn Freude an einer Sprache entsteht beim Sprechen, nicht beim Pauken.
Und nicht zuletzt: Wer Französisch spricht, ist beruflich im Vorteil. Viele Firmen zahlen für Mitarbeitende mit Französischkenntnissen bis zu 15 % mehr Lohn.
Wir Grünen lehnen die Abschaffung des Frühfranzösischen auf der Unterstufe deshalb mehrheitlich ab.
Nous souhaitons préserver la culture suisse avec plusieurs langues – pour une Suisse unie.