Freiverlad in Bülach – verpasste Chance an bester Lage
Nun liegt es vor: das Baugesuch der SBB für den Ausbau des Freiverlads beim Bahnhof Bülach. Was auf den ersten Blick nach einer Stärkung des Schienengüterverkehrs aussieht, wirft bei näherer Betrachtung Fragen zur städtebaulichen Weitsicht und zur Nutzung zentraler Flächen auf. Bülach hat hier einen Trumpf verspielt.
Meine Kolumne im Blüacher Stadtblatt:
Der Güterumschlag auf der Schiene ist ökologisch sinnvoll und in einem urbanen Umfeld wichtiger denn je. In der kantonsrätlichen Verkehrskommission wird aktuell die Teilrevision Verkehr des Richtplans 2022 diskutiert. Anlass für die Überarbeitung des Kapitels Güterverkehr ist die Erkenntnis, dass eine nachhaltige Gestaltung der Logistik – die neben dem Transport auch das Lagern und Sortieren von Waren umfasst – immer anspruchsvoller wird. Die Freiverladeanlagen im Kanton Zürich sollen künftig konzentriert werden. Die Standorte in Rümlang und Kloten werden aufgegeben, Bülach hingegen wird ausgebaut.
Pläne der SBB für den Freiverlad in Bülach
Die Pläne der SBB sehen vor, die Freiverladeanlage zu modernisieren und auszubauen – konkret mit zwei Gleisen, einer rund 200 Meter langen Verladekante und Flächen für den Umschlag von Zement, Holz und sogenannten ACTS-Containern. Die sogenannte Militärrrampe hingegen wird aufgehoben. Die Inbetriebnahme ist für 2027 geplant. Der Güterumschlag soll deutlich zunehmen: von heute etwa 300 Güterwagen pro Jahr auf über 1’300 bis 2040. Auch die Lastwagenfahrten sollen sich verdreifachen – von derzeit 5 auf bis zu 15 pro Tag. Aus logistischer Sicht ist das eine klare Intensivierung – doch ist es auch ein Gewinn für Bülach?
Ist der Standort direkt beim Bahnhof der richtige für den Freiverlad?
Die Fläche liegt an absolut zentraler Lage – unmittelbar beim Bahnhof, mit direktem Anschluss ans neue Guss-Areal und in Fussdistanz zur Altstadt. Heute dient sie teilweise als Park & Ride, doch das Potenzial ist deutlich grösser. Wer diese Parzelle dem Güterumschlag überlässt, vergibt eine einmalige Chance: Hier hätte ein städtisches Entwicklungsgebiet entstehen können – mit publikumsnahen Nutzungen, Gewerberäumen oder gar einem Bildungsstandort. Mein Traum war es immer, einen Teil der ZHAW nach Bülach zu bringen, um den Bildungsstandort weiter zu stärken.
Stattdessen wird das neue Guss-Quartier durch Zäune und Lastwagenverkehr vom Bahnhof abgetrennt. Die Anbindung an den Bahnhof wird zwar durch eine Passerelle gesichert, doch die Verbindung zur Altstadt bleibt schwach – eine grosse Enttäuschung. Der geplante Verkehr entlang der Schaffhauserstrasse bringt zusätzlichen Lärm und erhöht das Sicherheitsrisiko für Fussgänger und Velofahrende.
Besonders stossend ist, dass Bülach an der Schützenmattstrasse über ein bestens geeignetes Logistikareal verfügt – mit direktem Anschluss an die Autobahn und an die Geleise. Hätte sich die SBB dort frühzeitig Land gesichert, hätte man den Güterverkehr an einem Ort abwickeln können, wo bereits heute viele Lastwagen verkehren und deutlich weniger Menschen betroffen wären. Schade, dass sich der Stadtrat nie für eine sinnvollere Lösung gegenüber der SBB eingesetzt hat – städtebaulich kurzsichtig.
Kreativere Lösung – bessere Ausnutzung
Leider setzen die SBB Immobilien andere Prioritäten, als sich um Bülach zu kümmern. Schade für uns. Durch eine kreative Lösung hätte man den Freiverlad wohl in eine Immobilie einbinden können: unten Logistik – oben Ausbildung zum Logistiker? Eine solche Überbauung hätte die Anwohnerinnen und Anwohner vor dem Lärm geschützt und einen echten Mehrwert für unsere Stadt geschaffen.
Was bei mir hängen bleibt, ist der Eindruck eines unausgewogenen Projekts, das vor allem die Bedürfnisse der SBB erfüllt – nicht aber die langfristigen Interessen der Stadt Bülach. Eine so zentrale Lage verlangt nach einem städtebaulichen Konzept mit Weitblick. Güterverkehr ja – aber bitte am richtigen Ort.